Hochsensibilität

Die Hochsensibilität kann ein Segen sein, für mich persönlich ist es eher ein Fluch, da ich noch nicht gelernt habe, damit umzugehen.

Ich rieche beispielsweise vieles und sehr intensiv, was andere überhaupt nicht wahrnehmen können. Ich erzähle immer gern die "Mandarinen-Geschichte". Vor einigen Jahren habe ich eine Schiffsrundfahrt mit meiner Mutter gemacht. Wir saßen auf dem offenen Oberdeck. Hinter meinem Rücken, ein ganzes Stück von uns entfernt saß ein Pärchen, der Wind blies von uns in deren Richtung. Meine Mutter konnte es kaum fassen, als ich sagte: "Hier riechts nach Mandarine!". Tatsächlich pellte das junge Pärchen gerade Mandarinen, was ich ja nicht sehen konnte, sondern nur gegen den Wind gerochen habe.

Laute Geräusche sind für mich nicht auszuhalten. Vor allem wenn ich von mehreren Geräuschquellen, wie zum Beispiel durcheinander redenden Menschen, beschallt werde, bin ich schnell überreizt. Dann kann ich gar nichts mehr aufnehmen und dissoziiere.

Sogar mein Gesichtssinn ist hochsensibel. Ich sehe zwar nicht schärfer als andere Leute, aber ich nehme jedes kleinste Detail wahr. Was die Sache kompliziert macht, sind meine Zwänge. Zum Beispiel müssen Gardinen in absolut gleichmäßigen Falten hängen und Dekoartikel müssen penibel genau gleichmäßig ausgerichtet sein. Weil ich die Hochsensibilität nicht abschalten kann, also immer die Details sehe, ob ich will oder nicht, setzt mich das permanent unter Stress. Denn das Zwanghafte verlangt Perfektion. Ich möchte an dieser Stelle jedoch betonen, dass nicht jede hochsensible Person auch Zwänge hat. In meinem Fall gehen Hochsensibilität des Sehens und Symmetrie- und Zahlenzwang eine ganz blöde Symbiose ein.

Neben dem, was ich sehe, höre und rieche nehme ich auch Gefühle und Stimmungen überdeutlich wahr. Ich merke sofort, wie es jemanden geht und ich kann mich davor nicht schützen. Die unterschiedlichen Emotionen von Menschen, die in einem Raum sind, erdrücken mich und ich nehme sie oft selber an. Wenn es meinem Gegenüber nicht gut geht, dauert es nicht lang bis es mir ähnlich schlecht geht, deshalb muss ich den Kontakt zu manchen Menschen meiden. Ich halte den Kontakt zu traurigen oder kranken Menschen einfach nicht aus, das ist kein Zeichen von mangelndem Mitgefühl, sondern ganz im Gegenteil. 

Hier ist ein interessanter Artikel, der Hochsensibilität sehr gut erklärt. Ein weiterer Artikel der das Zusammenspiel und den Unterschied zwischen Trauma und Hochsensibilität beschreibt.