Reha-Antrag - Wut und Frust

Es gab nun schon zwei Jahre keinen richtigen Blogartikel auf meiner Webseite mehr. Ich hatte lange Zeit mit mir gerungen, ob ich Wirr Wege einstampfe, hab mich dann aber im Endeffekt dafür entschieden meine Webseite umzuschreiben. Meine Geschichte habe ich schon neu geschrieben und arbeite noch an anderen Seiten. Heute melde ich mal wieder mit einem akuten Thema, nämlich mit meinem Vorhaben an den Bodensee zu reisen.

Dort ist eine der ganz wenigen Kliniken in Deutschland, die sich auf die Behandlung von der funktionellen neurologischen Störung (FNS) spezialisiert hat und die Einzige, die pflegebedürftige Patienten behandeln kann. Den Reha-Antrag habe ich schon im März gestellt, aber wie üblich geht das nicht ohne Schwierigkeiten.

Die Vorgeschichte begann schon vor einem Jahr, als ich zum ersten Mal einen Reha-Antrag für die gleiche Klinik gestellt hatte. Der Antrag wurde aber abgelehnt und damals hatte ich nicht die Kraft in den Widerspruch zu gehen. Somit verlief sich das im Sand.

Als es mir wieder besser ging, wollte ich stattdessen noch einmal das Thema Diagnostik angehen. Die Diagnose FNS steht zwar bei mir im Raum und erscheint auch manchmal auf Verordnungen, aber wurde nie positiv durch Untersuchungen diagnostiziert und ist bestenfalls eine unsichere Ausschlussdiagnose. Die bisher einzige Diagnostik wurde vier Jahre nach Beginn der Lähmung durchgeführt, sie bestand in einem MRT und einer Nervenleitbahnmessung, mehr nicht. Die Läsionen, die auf meinem MRT zu sehen waren, seien untypisch für MS gewesen. Es wurde nicht für nötig gehalten, weitere diagnostische Untersuchungen durchzuführen. Stattdessen wurde mir geraten, mich an die psychiatrische Institutsambulanz zu wenden. Dieses MRT ist nun aber auch schon über 5 Jahre her. Das reicht mir nicht!

Ich bat meine Neurologin also letztes Jahr um eine umfangreiche Diagnostik inklusive neuem MRT, Lumbalpunktion, Gentest etc.. Nach langem Hin und Her, Abstimmungen zwischen Radiologie, Neurologie und Hausärztin, nach der Frage, ob die Untersuchung ambulant oder stationär erfolgen muss und egal ob ich freundlich gebeten, bestimmt gefordert oder wütend protestiert habe - bis heute habe ich keine Möglichkeit für ein MRT und andere Untersuchungen bekommen.

Da ich in einer kleinen Stadt wohne, ist es nicht so einfach, mal eben so die Neurologin zu wechseln. Trotzdem habe ich versucht, mir eine Zweitmeinung von einer anderen, etwas weiter entfernten Neurologin einzuholen. Leider las sie den Entlassungsbericht von der Klinik, in der ich 2019 das MRT bekommen hatte und die meine Erkrankung auf die Psyche reduzierte. Genau wie meine eigentliche Neurologin nahm sie diesen Bericht zum Anlass, eine weitere Diagnostik als unnötig abzutun. Eine positive Diagnostik von FNS fand aber auch hier nicht statt. Nach diesem Arzttermin war ich wirklich verzweifelt. Wieder einmal fühle ich mich machtlos und dem Wohlwollen der Ärzte auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Und das, ohne dass es eine nachvollziehbare Begründung für diese Entscheidung gibt. Es ist absolut unverständlich für mich, warum mir diese notwendigen und völlig übliche Untersuchungen verwehrt werden. Durch meine ehrenamtliche Tätigkeit in der Patienteninitiative für funktionelle neurologische Störungen lese ich ständig von anderen Betroffenen, die völlig selbstverständlich verschiedenste neurologische Untersuchungen bekommen und das nicht, weil sie es selber unbedingt wollen, sondern weil die Ärzt*innen es für selbstverständlich und notwendig erachten. Warum ist das bei mir so anders?

Die Hoffnung auf Diagnostik habe ich nun begraben, denn es scheint mir aussichtslos, meine Neurologin zu überzeugen. Das habe ich ihr auch persönlich so gesagt und sie hat auch nicht widersprochen.

Wenn wir jetzt mal annehmen, dass ich wirklich FNS habe, macht es das auch nicht besser. Die einzige Behandlung, die ich bekomme, ist einmal wöchentlich Ergotherapie, wobei an der Kontraktion meiner Hände gearbeitet wird. Die Behandlung ist aber auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und kann meinen Zustand nicht verbessern oder die Verschlechterung verlangsamen. Zusätzlich würde ich hochfrequente Physiotherapie und auch Logopädie benötigen. Physiotherapie geht nur im Hausbesuch. Seit Jahren telefonieren wir regelmäßig alle Praxen hier am Ort ab und finden niemanden, der das übernehmen kann.

Eine Reha-Maßnahme ist für mich offensichtlich die einzige Möglichkeit, an Behandlung zu kommen. Deshalb habe ich, wie schon gesagt, im März einen Reha-Antrag gestellt. Wenig überraschend habe ich vor kurzem den Ablehnungsbescheid bekommen.

Die Ablehnungsgründe waren leider genauso wenig überraschend. Mein erster Antrag war schon mit der Begründung abgelehnt worden, ich könnte alle Therapien auch ambulant zu Hause machen. Ich dachte, diesmal beuge ich vor und habe gleich beim Antrag eine ausführliche Erklärung mit abgegeben, dass das so nicht möglich ist. Anscheinend wurde dem aber nicht viel Bedeutung zugemessen, denn auch beim zweiten Anlauf war die Begründung für die Ablehnung genau die gleiche. Zusätzlich hatte meine Neurologin nicht rechtzeitig ihren Befundbericht abgegeben.

Dieses Mal habe ich aber nicht lange gefackelt und habe mit Hilfe des Sozialverbandes Widerspruch eingelegt. Ich bin so sauer und gleichzeitig müde. Ich weiß, dass es so gut wie allen chronisch kranken und behinderten Menschen da sehr ähnlich geht. Man muss sich ständig rechtfertigen und Begründungen schreiben. Leute, die einen noch nie gesehen haben, entscheiden vom grünen Tisch per Aktenlage über das weitere Leben, und rauben uns Zeit und Energie. Mit dem Widerspruch waren viele Laufereien, Telefonate und Schreiben verbunden. Und vor allem wird es nun noch viele weitere Monate dauern, bis ich möglicherweise zur Reha fahren kann. In der Zeit werde ich weiterhin keine Behandlung haben und so weiter vor mich hindümpeln. Ich fühle mich diesem ganzen System so ausgeliefert! Ich bin jetzt seit 8 Jahren körperlich behindert und war ja auch schon vorher durch meine damalige psychische Erkrankung in dem System. In dieser Zeit habe ich alle möglichen Ablehnungen bekommen, für Hilfsmittel, Behandlungen Diagnostik, Reha-Aufenthalte, Pflege und mehr - ich bin auf Ablehnung vorbereitet und habe gelernt, damit umzugehen, aber trotzdem trifft es mich jedes Mal wieder.