Da hat sich unser Alltag ganz schön umgekrempelt, aber im positiven Sinne. Seit Beginn dieses Jahres begleitet mich eine liebe, achtsame und geduldige Frau - meine 'Persönliche Assistentin' - durch den Tag. Aber was ist das eigentlich? Menschen mit einer Behinderung werden ja hauptsächlich entweder zu Hause von der Familie gepflegt oder sie leben in einem Heim. Die Heimunterbringung macht den Menschen sehr unselbstständig. Man muss sich an Zeitpläne und Abläufe im Heim halten. Zu Hause gepflegt zu werden ist auch nicht immer ganz einfach. Die pflegenden Angehörigen werden meist bis an die Grenzen ihrer Kraft belastet. Pflegedienste können zwar Abhilfe schaffen, aber die haben auch ein sehr enges Zeitfenster in dem alles erledigt werden muss. Für mich persönlich ist ein Heim ganz und gar ungeeignet, weil ich mit meinen Ängsten und Zwängen dort einem enormen Stress ausgesetzt wäre - mit der DIS wollte mich sowieso kein Pflegeheim aufnehmen. Hier zu Hause hat mich bis jetzt meine Mutter gepflegt, aber das neben einer Vollzeitberufstätigkeit hinzukriegen, wurde weder ihr noch mir gerecht. Außerdem tut so viel Nähe uns beiden auch überhaupt nicht gut. Meine Erfahrungen mit Pflegediensten habe ich schon in einem früheren Artikel beschrieben, das kommt somit auch nicht in Frage.
Persönliche Assistenz bedeutet, dass den ganzen Tag eine Person für mich da ist. Nicht nur für die reinen Pflegetätigkeiten, sondern um mir in jeder Lebenssituation zu assistieren und mir zur Seite zu stehen. Manche Behinderte haben eine persönliche Assistenz nur für einige Stunden am Tag, manche rund um die Uhr. Das schafft natürlich nicht eine Assistentin alleine, sondern dann wird ein Team aus mehreren Leuten zusammengestellt. Der behinderte Mensch entscheidet selber, in welchen Lebenslagen er welche Hilfe braucht. Somit wird ein gehandicaptes Leben viel selbstbestimmter.
Bezahlt wird das Ganze über das trägerübergreifende Persönliche Budget. Entweder kann man selber Arbeitgeber werden und sich komplett selbstständig geeignete Assistenten suchen und einstellen oder man nutzt eine Organisation dafür. Die Organisationen übernehmen dann die Personalsuche und Abrechnung. Solche Orgas gibt es aber hauptsächlich nur in Großstädten.
Ich habe mir selber eine Assistentin gesucht und bin nun eine waschechte Arbeitgeberin! Das persönliche Budget, welches wir im Juli 2017 beantragten wurde zwar letzte Woche bewilligt, aber noch nicht in voller Höhe. Sobald es durch eine Eilklage geklärt ist, kann ich anfangen mir eine zweite Assistentin zu suchen.
Auf meiner Facebookseite hatte ich bereits berichtet, dass sich meine Klinikpläne leider wieder in Luft aufgelöst hatten. Seit letztem Jahr hatte ich mich darauf verlassen, im Februar dieses Jahres wieder in die Fachklinik in Bayern aufgenommen werden zu können, in der ich schon letztes Jahr einen dreiwöchigen Probeaufenthalt hatte. Leider sagte die Ärztin mir aus persönlichen Gründen eine Woche vor dem geplanten Aufnahmetermin ab. Was sollte ich nun tun? Wie geht es weiter, ohne ambulante und stationäre Unterstützung? - Das habe ich mich gefragt. Fest stand, ich wollte etwas unternehmen und ich brauche Hilfe. In meiner Not entschied ich mich es noch ein zweites Mal zu wagen in die lokale Akutpsychiatrie zu gehen, weil die mich schließlich nicht ablehnen können. Schlechte Idee!!! Nach 32 Stunden bin ich wieder mit einem neuen Trauma nach Hause gegangen. Die neugebaute Station war alles andere als rollstuhlgerecht und hygienisch eine Katastrophe. Die Ärzte hatten, laut eigener Aussagen, keine praktischen Erfahrungen in dem Umgang mit Dissoziativen Störungen und das Klinikpersonal war respektlos. Meine schmerzhaften Notlagen wurden so dargestellt, als würde ich damit Aufmerksamkeit einfordern.
Die negativen Erfahrungen bewegen mich noch sehr. Die Erinnerungen lassen mich nicht los. Ich habe jede Nacht Albträume, die die Gefühle, die ich dort hatte, widerspiegeln. Ich möchte damit keine Angst vor Akutpsychiatrien verbreiten. In vielen Situationen ist es gut und wichtig, so einen Ort zu haben. Für mich persönlich hat es nicht funktioniert.
Das Positive an der Erfahrung war, dass meine Assistentin mich auch in der Klinik begleitet hat. Sie hat mir dort Halt gegeben und sie hat mich bestätigt in meiner Wahrnehmung der Umstände. Dadurch sind wir uns wesentlich näher gekommen und das Vertrauen ist gewachsen. Ich bin wirklich froh, dass wir uns gefunden haben.
Meine behandelnde Ärztin aus der Klinik in Bayern hat versprochen, dass sie mit einer anderen Reha-Klinik Kontakt aufnimmt. Wenn die mich dort behandeln, wäre das auch eine längere Therapiezeit über Monate. Aber das steht noch in den Sternen, ob ich dort überhaupt aufgenommen werde.
Riddikulus!
Eine für mich bewährte Bewältigungsstrategie ist... der Humor! Das nimmt allem, was vor sich geht und nicht so ganz klappen mag, zumindest für einen Moment den Schrecken.
Ich versuche aktiv meinen Humor zu behalten, manchmal ist der ziemlich schwarz und sarkastisch aber manchmal kann ich auch richtig albern sein und lachen. Zum Beispiel über mich selbst, über alltägliche lustige Situationen oder ich ziehe manche Aussagen ins Lächerliche. Funktioniert nicht immer, aber für mich ist es eine Art, das Leben etwas leichter zu machen.
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Simmi (Donnerstag, 19 April 2018 01:29)
Hallo nochmal:
Bitte lasst euch nicht ärgern von solch gemeinen und verletzenden Aussagen aus der Akutklinik. Solche Aussagen zeigen bloß, dass die mit sich selbst nicht im reinen sind und das die aus irgendeiner Überforderung heraus zu verletzenden Verhalten neigen.
Es nicht persönlich zu nehmen ist leicht gesagt und manchmal schwer umgesetzt, aber lasst euch nicht abwerten. Mir ist das auch schon passiert, dass ich so anderen Menschen gegenüber reagiere, aber auch nur, weil ich mit mir/uns überfordert bin und z. B. an einer Anlaufstelle keine geeignete Hilfe erfahre. Nach Frust kommt irgendwann eine Abreaktion. An sehr kompetenten Stellen, passiert sowas eher sehr selten, aber leider sind diese Stellen auch noch sehr selten in Deutschland.
Ich drücke euch die Daumen für die mögliche Reha!!!