*Triggerwarnung*
Wie überlebt die Seele, wenn man weiß, dass es in der Zukunft keine Besserung gibt? Dass dies ein chronischer Zustand ist und dass es keine professionellen Ärzte und Therapeuten gibt, die einen behandeln möchten? Zu kompliziert, zu komplex, zu krank!?
Es gibt einige Themen, bei denen ich mich eher sträube darüber zu schreiben. Und doch denke ich, dass es auch wichtig ist nicht still zu schweigen. Suizidalität! Ich finde es unglaublich schwierig von anderen zu lesen, wie lebensmüde sie sind, deshalb mag ich darüber auch nicht gern reden. Es lässt sich nicht beschönigen: Ich möchte nicht mehr leben. Der Tod ist mir gleichgültig. Aber eigentlich möchte ich doch nur, dass das Leid aufhört.
Vor einigen Jahren habe ich ganz klipp und klar entschieden, dass ich mir nicht frühzeitig das Leben nehmen werde, solange meine Mutter an meiner Seite ist, denn das würde ich ihr nicht antun. Für meine Mutter ist es natürlich schwer, das zu hören. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich nicht aktiv plane alles zu beenden. Es besteht also keine Gefahr. Ich bin eigentlich seitdem ich denken kann passiv suizidal. Gedanken, das Leben zu beenden, begleiten mich jeden Tag, jede Minute. Es hört nie auf.
Meine ganze Situation spitzt sich immer weiter zu. Die Dissoziative Identitätsstörung ist an und für sich momentan gar nicht so das Problem. Klar ist es schwierig, sich mit mehreren Personen einen Körper zu teilen, die teilweise nicht wohlgesonnen dem Körper und mir gegenüberstehen. Die momentanen viel größeren Probleme sind die vielen Zwänge, Ängste, dissoziative Zustände und eine immer wachsende hohe Pflegebedürftigkeit. Ich bin wie ein rohes Ei, das bei jeder kleinsten Berührung in tausend Stücke zerfällt. Vor allem durch die Zwänge bin ich schnell reizbar und das trifft alles meine Mutter, die ihr Bestes tut. Ich bin eine große Belastung für alle und zu meiner Mutter bin ich furchtbar. Sie zuckt sogar schon zusammen und hat Angst mir die Socken anzuziehen oder mir die Haare zu kämmen, weil ich und ein anderer Innie schnell autoaggressiv bestrafen, wenn etwas nicht richtig läuft. Dafür verachte ich mich umso mehr.
Seit zwei Wochen kommt morgens immer ein Pflegedienst. Zwei Pflegefachkräfte wechseln sich ab. Es fällt mir sehr schwer mich auf die zwei neuen Frauen einzulassen. Die Frauen sind nett und bemühen sich, aber es dauert einfach sehr lange bis ich Vertrauen aufbauen kann. Und durch meine Stummheit, die nun schon wieder acht Wochen ununterbrochen andauert, ist die Kommunikation um einiges schwieriger.
Meine Mutter muss entlastet werden. Sie kann und soll mich nicht mehr pflegen. Jegliche Grenzen sind überschritten. "Wie schaffst du das bloß?" hört meine Mutter oft. Bei der Frage kräuselt es uns die Fußnägel hoch. Wir haben einfach keine andere Wahl. Man überlebt auch ohne Kraftreserven.
Was ist nun das kleinste Übel?
Eine Einweisung in die Akut Psychiatrie besprechen wir täglich. Jedoch müssen wir aber auch aufpassen, denn bei meinem letzten Aufenthalt in der Akut Psychiatrie wurde ich traumatisiert. Deshalb müsste ein weiterer Aufenthalt gut vorbereitet sein.
Gleichzeitig haben wir wieder Kontakt zu einem psychiatrischen Pflegeheim aufgenommen, das mich nehmen würde, ich aber aus verschiedenen Gründen zuerst abgelehnt hatte. Sofort haben die aber auch keinen Platz frei. Das Pflegeheim erscheint mir gerade als das kleinere Übel, denn dort ist der Personalschlüssel höher als in der Psychiatrie, ich hätte ein Einzelzimmer und bin dem hektischen Klinikalttag nicht ausgesetzt.
Die Frage, wie viel eine Seele aushalten kann, beschäftigt mich sehr. Ich fühle mich schon lange innerlich tot. Leben ist das jedenfalls nicht.
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