Und schon ist die Zeit mit Alec wieder vorbei. Die zwei Tage sind wie im Fluge vergangen.
Alec, der mittlerweile neun Monate alt ist, befindet sich seit zwei Wochen im Intensivtraining. Während der Woche wird er jeden Tag intensiv auf seine spätere Arbeit vorbereitet.
Es ist phänomenal, welche Fortschritte Alec in dieser kurzen Zeit schon gemacht hat. Er ist unter der Kenndecke fast nicht wiederzuerkennen. Er geht jetzt die meiste Zeit total locker an der Leine und zieht nur noch ganz selten und auch nicht mehr so doll. Die zwei Wochen haben so viel verändert. Die Kenndecke hat er auf jeden Fall mit Arbeit verknüpft. Hunde- und Taubenbegegnungen laufen schon viel besser. Er lief sogar an einem Hund, der ohne Leine unterwegs war, ganz normal vorbei. Ich war wirklich sprachlos und bin Kathrin und Kati so dankbar. Auch in der Wohnung ist er echt pflegeleicht.
21.04. Donnerstag
Meine Trainerin kam am Donnerstag gegen Mittag bei mir an. Ich hatte mich schon so auf sie und meinen Schokobär gefreut. Die Freude war auf beiden Seiten riesengroß. Wir sind zuerst spazieren gegangen. Das Wetter war klasse und ich habe es genossen, Alec dabei zuzusehen, wie er umhergelaufen ist und Spaß hatte. Dabei kam mir die Idee, dass ich gerne mit Kathrin und Alec ein Eis essen möchte. Gesagt - getan!
Nach unserer schönen Runde in der Natur sind wir also in die Innenstadt gefahren. Ein gesunder Mensch denkt jetzt vielleicht: "Na und, ist doch nur ein Eis", aber das ist es für mich nicht. Es ist schon eine Ewigkeit her, dass ich in der Innenstadt war und mich in ein Café setzten konnte. Für mich ist das eine riesige Herausforderung. In der Stadt war es ziemlich voll. Die Angst und Fluchtgedanken kamen auch immer wieder hoch, aber das Gute ist, dass sie mich mit Hilfe von Alec nicht überwältigt hat. Ich konnte mit Kathrins Unterstützung Alec nutzen. Ihn immer, wenn ich ihn brauchte kraulen, sein Fell spüren und ihn mich absichern lassen. Im Café habe ich mit Kathrin dreimal die Plätze getauscht, sobald ich merkte, dass ich mich in einer Position nicht sicher fühlte. Zwischendurch rauchte jemand eine bestimmte Zigarette, deren Geruch mich sehr triggerte (an eine bestimmte Person). Aber ich bin "da" geblieben. Während wir dort saßen, bin ich nicht weg-dissoziiert. Alec saß die ganze Zeit neben mir. Das Beste an der Situation war, dass die Kellnerin Angst vor Alec hatte, weil er so groß ist. Deshalb hat sie immer einen gesunden Abstand zu mir gehalten.
Auf dem Rückweg zum Auto, bin ich dann doch noch etwas abgeschmiert. Das Training in der Stadt war sehr anstrengend, mit vielen Triggern, das war sehr herausfordernd. Ich kann mich erst wieder daran erinnern, wie ich bei mir zu Hause aus dem Auto ausgestiegen bin. Kathrin hat uns mit ihrem Navi nach Hause gefahren, weil ich wohl komplett die Orientierung verloren hatte und nicht mehr wusste wie der Weg nach Hause ist. In Alec's späteren Training, lernt er, mich nach Hause zu führen und selber den Weg zu finden.
Am Abend sind wir zusammen in die Wohnung meiner Mutter gefahren. Unsere Katze war noch nie ein großer Tier-Freund. Alec fand sie total spannend und wir waren sprachlos, wie ruhig das Kennenlernen war. Die beiden werden nie "gute Freunde" werden, aber unsere Seniorin hatte weder einen Herzinfakt, noch ist sie panisch unters Bett verschwunden und es gab auch keine Schläge. Meine Mutter und ich hätten niemals gedacht, dass die Zusammenführung mit der Katze so gut verlaufen würde, weil sie doch sehr eigen ist. Wir haben uns dann noch einen schönen Abend gemacht.
Als Alec im Februar das erste Mal bei mir war, hat er andauernd versucht auf mein Bett und Sofa zu springen. Auch in der Nacht versuchte er auf mir herum zu tapsen. Jetzt war es komplett anders. Er lag die ganze Nacht in seinem Hundebett und hat nicht einmal versucht hochzuspringen. Wie auch schon in der Ferienwohnung am Anfang des Monats.
22.04. Freitag
Der Freitag fing für Alec und mich um kurz vor sieben an. Alec stand schwanzwedelnd vor mir und schaute mich mit seinen schönen hellen Augen an. Da konnte ich nicht länger im Bett liegen.
Nach dem Aufstehen habe ich erstmal alleine mit ihm eine Morgenrunde um den nahe gelegenen See gedreht. Nichts besonderes??? - Doch, für mich ist es ein Stück Freiheit, denn in den letzten Jahren führe/führte ich ein sehr einsames Leben in meiner Wohnung.
Um zehn Uhr kam unsere Trainerin wieder zu mir, die die Nacht in der Wohnung von meiner Mutter verbrachte. Wir sind dann zusammen zu einem Bäcker gegangen. Dahin gehe ich manchmal mit meiner Betreuerin, da das Café meistens recht leer ist und wir so versuchen, dass ich in die Außenwelt komme. Ich hatte jedoch Angst, dass ich dort mit Alec rausgeworfen werden würde, was dazu geführt hätte, dass ich mich nie mehr dahin traue. Meine Mutter rief am Vortag beim Bäcker an und erklärte die Situation der Geschäftsführerin, die sehr interessiert an dem Thema war und das "Ja" gegeben hatte. Die Mitarbeiterin waren nur leider noch nicht aufgeklärt und meinten erst, dass ich mit Alec nicht an den Tresen darf. Zum Glück haben die Mitarbeiterinnen es jedoch nett gesagt. Wir erklärten dann, dass wir vorher angerufen hatten und die Inhaberin uns das Ok gegeben hatte. Kathrin und ich erklärten dann noch, was ein Assistenzhund ist und ich war mit meinen Flyern bewaffnet. Alec hat mich während ich bestellte die ganze Zeit von hinten abgesichert (Check). Wenn ich mit meiner Betreuerin dort bin, versagt mir immer die Stimme und sie muss für mich bestellen, aber diesmal nicht!
Mittags hatte ich einen Termin bei meiner Therapeutin. Unsere Trainerin ist dann mit mir zu Fuß, was ich mich schon sehr lange nicht mehr getraut hatte, zur Praxis gegangen. Immer wieder übten wir das Absichern und mich Anschauen. Auf dem Hin- und Rückweg ist uns leider zweimal der gleiche Mann entgegengekommen, dessen Geruch leider blöde Bilder und Erinnerungen hochriefen. Auf dem Hinweg hat unsere Trainerin versucht mich daran zu erinnern, Alec zu nutzen. Er schaute mich sehr, sehr aufmerksam an und fand das sehr eigenartig, wie ich mich verhielt. Nachdem ich ihn eine Weile kraulte und er sich gegen mich lehnte konnten wir weiter gehen. Auf dem Rückweg waren meine Beine wieder wie Wackelpuddig und bei der Begegnung habe ich Alec ganz schnell an mich rangezogen und mich zu ihm runter gekniet. Meine Psychotherapeutin war, glaube ich, erst mal ganz schön sprachlos ihn plötzlich zu sehen, denn sie wusste nicht, dass er die Tage bei mir war. In den ersten Minuten war Alec ganz schön frech, das war mir ziemlich peinlich, aber dann schlummerte er die restliche Zeit.
Der Abschied viel mir wirklich sehr, sehr schwer. Ich bin so gespannt wie Alec nach den weiteren sechs Wochen Intensivtraining sein wird, da er nach zwei Wochen Training schon so klasse ist. Ich bin unserer Trainerin so dankbar, dass sie zum Training hier her kam. Ich habe natürlich Versagensängste und manchmal habe ich Angst, dass ich das Ganze nicht schaffe und ihm nicht gerecht werden kann. Nach dem Training bin ich aber wieder sicherer mit Alec geworden. Alec ist ein wundervoller Hund, wir beide passen einfach zusammen. Fühlen kann/darf ich den Erfog zwar nicht, aber ich weiß, dass das Training total klasse war und ich dabei schon viel erreicht habe. Alec ist in meinem Leben!